Friday, September 24, 2010

Prometheus, gefesselt Tragödie von Aischylos/Peter Handke

am 23.9.2010 in Münster

Kategorie: Theater, Münster, Startseite

©meisterwerke-online.de 1Bild
Von: Städtische Bühnen Münster
"Aichylos hat in seiner Prometheus-Trilogie das Thema der Tragödie auf die reinste mythische Gestalt gebracht: Für den Menschen wäre es besser, nicht zu sein."
Hans Blumenberg

Die mythologischen Überlieferungen zu Prometheus - deutsch: "der Vorausdenkende" - beziehen sich auf vier Grundsituationen: Prometheus als Menschenbildner, Feuerbringer ("pyrphoros"), Gefesselter ("desmotes") sowie seine Befreiung. Als Feuerbringer und Lehrmeister der Menschen wird Prometheus oft auch als ihr Schöpfer bezeichnet. Im elf-jährigen Krieg verhalf Prometheus Zeus zum Sieg über das Göttergeschlecht der Titanen. Doch als Zeus bei der Begründung seiner Herrschaft auf dem Götterthron die Menschen dem Untergang preisgeben wollte, verschaffte Prometheus den Sterblichen das Feuer, und fiel wegen Geheimnisverrat bei Zeus in Ungnade.


"Prometheus, gefesselt" zeigt Verhältnisse wie in jeder Diktatur: Die Begleiter des Zeus - Kratos und Bia - zwingen den widerstrebenden Hephaistos, Prometheus an einen Felsen im Kaukasus zu schmieden. Die Tochter des Okaneanos erkundigt sich bei Prometheus nach dem Grund seiner Strafe und findet sein Handeln gewagt. Auch der Meeresgott selbst bemängelt Prometheus' mangelnde Unterwürfigkeit gegenüber dem Herrscher. Doch Prometheus beklagt zwar seine unverdiente Bestrafung, ist jedoch zu stolz, sich zu unterwerfen und um Gnade zu flehen.
Auch die ausbleibende Hilfe der unterstützten Menschen mindert nicht seine Entschlossenheit. Stattdessen prophezeit der wegen des Feuerraubs auf immer in Eisenketten gelegte Titan der von Zeus verschmähten und darum in eine Kuh verwandelten Io in düstereren Visionen das Schicksal des olympischen Herrschers. Hermes kommt hinzu und fordert, dass Prometheus dem Zeus eröffnet, welche Frau ihn stürzen wird.
Doch Prometheus verrät nicht, wer Zeus und seine Gefolgsleute die ewige Herrschaft nimmt. Und so steht er, gepeinigt von Blitz und Sturm, am Felsen des Kaukasus. "Der gefesselte Prometheus" ist der einzig erhaltene Teil einer Prometheus-Trilogie des Aischylos. Peter Handke legte den Schwerpunkt seiner Bearbeitung des Dramas auf die Sprache: "Eigentlich hat mich weniger die Figur gereizt, als die Art, wie Aischylos das Drama erzählt: Alles passiert durch die Sprache." Die Übertragung von 1985 - uraufgeführt 1986 in der Regie von Klaus Michael Grüber an der Schaubühne West Berlin und bei den Salzburger Festspielen mit Bruno Ganz in der Titelrolle - verzichtet auf eine Nachformung der griechischen Versmaße, bleibt aber dennoch den griechischen Wortbildungen und -wiederholungen treu.
Aischylos war der älteste der griechischen Tragödiendichter und Begründer der Gattung. Durch Sprache, Stil und die Wahl des Mythos als Thema der griechischen Tragödie beeinflusste er seine Nachwelt maßgeblich. Seine Charaktere verfügen über übermenschliche Leidenschaft und Charakterstärke. Im Rahmen der Entwicklung des Theaters zu einer eigenständigen Kunstform und seiner Loslösung vom Chorlied werden Aischylos die Einführung des 2. Schauspielers - und damit des Dialoges - zugesprochen. Damit die Darsteller verschiedene Rollen verkörpern konnten, fingen sie an, bemalte Masken zu tragen. Auch die inhaltliche Zusammenführung der vier aufzuführenden Stücke - drei Tragödien und ein Satyrspiel - zu einer Tetralogie geht auf Aischylos zurück. Nur sieben seiner Dramen sind vollständig erhalten, und seine Trilogie "Orestie" ist in ihrer Tragik und Gedankentiefe in der Weltliteratur kaum übertroffen.

Peter Handke, geboren 1942 in Griffen (Kärnten), ist durch sein Frühwerk ein wichtiger Vertreter sprachexperimenteller Literatur, der zeigte, "dass die Literatur mit der Sprache gemacht wird, und nicht mit den Dingen, die mit der Sprache beschrieben werden". In der Folge formulierten Werke wie "Publikumsbeschimpfung" die Kritik an den traditionellen literarischen Formen in Lyrik, Prosa und Drama sowie den damit verbundenen Erwar-tungshaltungen der Leser bzw. Zuschauer. Einer gesellschaftskritischen Ausrichtung der Literatur stellte Handke seinen sprachkritischen Ansatz gegenüber. Dennoch näherten sich seine Erzählungen und Bearbeitungen traditionellen Erzähltechniken. Peter Handke ist Träger des Georg-Büchner-Preises, der wichtigsten deutschen Literaturauszeichnung.
Kontakt
Städtische Bühnen Münster
Generalintendant: Wolfgang Quetes
Verwaltungsdirektorin: Rita Feldmann
Neubrückenstr. 63
48143 Münster 
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„Exodus“-Projekt am Theater in Münster

Von Elisabeth Elling ▪ MÜNSTER–Trotzig hockt er auf dem Felsen. Irgendwann wird er seine Rache haben, das befeuert seinen Hass. „Prometheus, gefesselt“, auf einer Klippe ausgesetzt, weil er den Menschen gegen Zeus' Willen das Feuer schenkte. Die Städtischen Bühnen Münster zeigten die antike Tragödie des Aischylos (in der Bearbeitung von Peter Handke) im Rahmen ihrer Exodus-Tage. Das Großprojekt bot zum Saisonauftakt neun Premieren – darunter eine szenische Lesung von Heiner Müllers „Totenfloß“ und die Uraufführung „Paradiesstraße“, ein Nachkriegsdrama über Vertreibung, Rückkehr und Verbannung im ostpreußisch-litauisch-russischen Grenzgebiet.
Kraftsuche im Glauben: Szene aus „Hiob“ in Münster mit Carola von Seckendorff und Johann Schibli. ▪
© Beinhorn
Kraftsuche im Glauben: Szene aus „Hiob“ in Münster mit Carola von Seckendorff und Johann Schibli. ▪
Exodus bezeichnet im Alten Testament den Auszug der Israeliten aus Ägypten. Die Münsteraner Stücke kreisen um Flucht, Vertreibung, Migration, Verfolgung und aus der Bahn geworfene Existenzen (wie den Amokläufer in Lars Noréns „20. November“). Dabei geht das Theater selbst auf Wanderschaft in Kirchen, Klassenzimmer – und auf die eigene Dachterasse. Hier wird die Theaterruine zum Felsvorsprung, auf dem Prometheus mit seinen Ketten rasselt. In Dialogen mit verschiedenen Besuchern (Gabriele Brüning, Ilja Harjes) misst Prometheus die Untaten des Zeus aus: Er selbst hatte ihm zur Macht verholfen, leistete dann Widerstand.
Allerdings erschüttern Wolf-Dieter Kabler und Regisseurin Annegret Sophia Neugschwender den verbannten Titanen nicht sonderlich. Sie verdünnen seine Wutwucht, weil er das Ende des Zeus kennt: Herrschaftswissen eines scheinbar Ohnmächtigen. So wird das finstere tiefe Funkeln des Textes abgeblendet von Prometheus' Gleichmut, die kommenden paar Ewigkeiten aus Kälte, Qual und Einsamkeit schon absitzen zu können. Ein matter Prometheus.
Eindringlicher gelingt die Verlustgeschichte, die Hannes Hametner mit „Hiob“ nach dem Roman von Joseph Roth (1930/Bühnenfassung von Koen Tachelet 2008) inszeniert. Mendel Singer wandert mit seiner Familie aus einem ostgalizischen Schtetl in die USA aus, verliert dort Frau und Kinder und seinen Glauben. Er gräbt sich ein, streut Asche auf sein Haupt. Johann Schibli pumpt diesen Verzweifelten immer weiter auf, sein Mendel Singer resigniert nicht, sondern wendet alle Glaubensenergie in enttäuschtes Hadern.
Hametner transponiert die Geschichte aus der Zeit des Ersten Weltkriegs in einen zeitlosen Zusammenprall verschiedener Kulturen. Mendels Sohn Schemarjah (Tim Mackenbrock) übernimmt mit Baseballkappe und Glitzertrikot die Klischees über hiesige junger Männer mit Migrationshintergrund (Ausstattung: Giovanni de Paulis). Mutter und Schwester blühen auf im Konsum, während der Vater sich an das Zurückgelassene klammert, an die Erinnerung an Menuchim, den jüngsten Sohn. Den nahmen die Singers nicht mit, er hätte als Epileptiker kein Visum bekomen. Dass Menuchim als gefeierter Musiker auftaucht und dem Vater eine neue private Geborgenheit bieten kann, dieses wundersame Happy End bleibt trügerisch.
Viele Alltagskonflikte tippt das Stück an, und sie erden Mendel Singers Ringen um die große G-Fragen: Wie kann Gott das zulassen? Existiert er überhaupt? Wie die Söhne sich an der religiösen Rechthaberei des Vaters reiben, zeigen Mackenbrock und Frank-Peter Dettmann mit breitbeinigen Posen. Sie weichen aus: Der eine geht zum Militär, der andere nach Amerika. Die Tochter (Judith Patzelt) amüsiert sich mit den Kosaken der benachbarten Kaserne und später mit den Kollegen im Kaufhaus. Die Mutter (Carola von Seckendorff) versucht nur halbherzig, sie zu disziplinieren, denn sie sehnt sich selbst aus der müden Zweisamkeit mit Mendel zurück in lebenslustigere Zeiten.
Prometheus gefesselt: 14., 21.10., Hiob: 29.9., 1., 6., 14., 23.10., Tel. 0251/59 09 100, http://www.stadttheater.muenster.de
Quelle: wa.de


 



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